Seiun Genro Dai Oshō
Herbert Koudela (1924 – 2010) wurde in Wien geboren, und erhielt eine Berufsausbildung als Grafiker. Er war drei Jahre im Krieg und in Gefangenschaft und verließ 1948 Österreich zunächst für ein Jahr, um nach Holland zu gehen. Darauf folgten zwei Jahre England und drei Jahre Kanada, von wo er letztlich in die USA als Immigrant einreisen durfte.
Er ließ sich für die nächsten 17 Jahre in Philadelphia nieder, wo er auch die Kunst-Akademie besuchte und eine Ausbildung als Maler erhielt. Aufträge für Porträts brachten, unter anderem, Zugang zu Millionärskreisen und erstmalig komfortable Lebensumstände. Seine Erwartungen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wurden auf der materiellen Ebene zum Teil erfüllt, doch blieb sein spiritueller Hunger unerfüllt.
Nach Jahren einer Odyssee fand er schließlich seinen Lehrer Kyozan Joshu Sasaki Rōshi, einen japanischen Zen-Meister, der in Kalifornien lebte und lehrte. Herbert Koudela wurde zum Aussteiger. 1972 verkaufte er sein Haus, entäußerte sich aller materiellen Güter und wurde Schüler von Kyozan Joshu Sasaki Rōshi im Mount Baldy Zen Center. Ein Jahr später erhielt er unter dem Namen Genro die Mönchsweihe und zwei Jahre darauf die Weihe zum Oshō (Zen-Priester). Von 1977 bis 1979 leitete er ein Zen-Zentrum in New Mexico, von wo er nach Österreich zurückkehrte, um seinen alten Vater zu pflegen.
Als dieser nach fünf Jahren starb, konnte Genro Oshō gegen seine ursprüngliche Absicht nicht mehr in die USA zurückkehren, da er inzwischen eine eigene Wiener Zen-Gruppe – das BodhidharmaZendo – leitete und in die Pionierarbeiten der Österreichischen Buddhisten fest eingebunden war. Er lud seinen Lehrer Kyozan Joshu Sasaki Rōshi einmal jährlich nach Österreich, um im Buddhistischen Zentrum Scheibbs ein Sesshin abzuhalten. Aber auch Genro Oshō kehrte jährlich für weiteres Training nach Mt. Baldy zurück.
Genro Oshō leitete jahrelang das Rinzai Zen-Senter Oslo in Norwegen und hielt dort sowie in Deutschland regelmäßig Sesshins ab. Von 1987 – 2001 war er Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft, danach deren Ehrenpräsident auf Lebenszeit.
Genro Oshō verstarb am 28. November 2010 nach langer, mit Gleichmut ertragener Krankheit. Sein Lehrer Kyozan Joshu Sasaki Rōshi verlieh ihm den Namen Toji Kaizan Genro und den Titel Dai Oshō. Er steht damit an abschließender Stelle in der Linie der Großen Patriarchen, die beim abendlichen Rezitieren des Soshi Eko genannt werden.